Kurzgefasste und wahrhaftige erschröckliche Historie der SLH zu Chemnitz

Einst segelte ein kleines stolzes Schiff "Die größte DDR aller Zeiten" durch die gefährlichen Gewässer der Weltpolitik. Es knarrte und knirschte ganz schön im Schiffskörper. Es war leider nicht rechtzeitig ordentlich überholt und rekonstruiert worden. Deshalb verließen viele ihre Planken. Ein Sturm ließ es dann auseinander brechen und die Segel der Ideologie zerrissen mit lautem Knall. Alle noch an Bord Befindlichen wurden in das stürmische kapitalistische Meer geschleudert. Davon bekamen einige merkwürdig gedrehte Hälse. Andere schlugen sich böse Wunden. Wieder andere wollten es nicht wahr haben und versuchten, ohne Schiff weiterzusegeln. Aber alle schwammen in der aufgewühlten unbekannten See. Dabei gingen auch einige unter.
Doch 7 Schiffbrüchige fanden sich zusammen. Sie zimmerten sich aus den umher schwimmenden Trümmern ein kleines Schiff, besser ein Rettungsfloß. Es bekam eine etwas eigenartige Form, denn sie waren keine gelernten Schiffszimmerleute. Aber immerhin, aus den Trümmern "Menschlichkeit, Solidarität, Hilfsbereitschaft, soziale Gerechtigkeit" und dem Willen zur Selbsthilfe entstand die SLH, die "Vereinigung Solidar- und Lebenshilfe Chemnitz e. V.". An sie klammerten sich immer mehr Schiffbrüchige und retteten sich, fanden Hilfe - Junge, Alte, Mütter, allein stehende Frauen, Behinderte und viele andere mehr. Nicht alle konnte die SLH aufnehmen, so zimmerten sie mit anderen, vor allem mit dem Kapitän des Bootes AJZ einen weiteren Kahn, die "Selbsthilfe 91". Diese nahm vor allem die ziellos umherschwimmenden Jugendlichen auf. Mit ihrer jungen Besatzung segeln sie seit 1992 recht optimistisch durch die Wellen, die ihren Kahn trotzdem ganz schön hin und her schleuderten.
Auch andere versuchten zu retten, was zu retten wäre. So das Schiff "Karl-Marx-Stadt", nun wieder Chemnitz. Es schwankte selbst schwer in der aufgewühlten See und viele ihrer Rettungsboote waren schon voll Wasser geschlagen. So war es froh, dass einer seiner Offiziere, Frau Dr. Regner, der SLH ein kleines Boot zur Wiedernutzung anbot. Es lag in der Wenzel-Verner-Straße. Es waren schon andere gebeten worden, das durch den Sturm völlig verwüstete Boot für Senioren zu übernehmen und wieder herzurichten. So die Arbeitersamariter. Doch sie meinten, ihre Kraft reiche nicht dafür. Die SLH aber griff mutig zu. Dazu mussten als erstes die Messe und die Kombüse in Ordnung gebracht werden. Viele hilfreiche Hände gingen dabei zu Werke, räumten auf, schrubbten und scheuerten und malerten. Dann wurden Tische und Stühle gesucht, Geschirr und Besteck aus Wracks geborgen.
Dann wurde die erste Besatzung angeheuert und ein reges Bordleben organisiert. Kaffee und Kuchen gab es, es wurde gebastelt und gestaltet. Bald gab es das erste Mittagessen. Ganz wichtig wurde die Hilfe für Senioren bei der Bewältigung der Papierflut, die sie jetzt überschwemmte und in der sie nun zu ertrinken drohten. Langsam erhellte sich der Horizont. Sturm und Wellen beruhigten sich etwas, die verängstigten und traurigen Gesichter der Senioren erhellten sich ebenfalls. Große Freude war jedes Mal, wenn ein Boot mit Kindern bei ihnen festmachte und sie besuchte.
Nachdem sich der Sturm etwas gelegt hatte, fanden sich am Rande des westlichen Strandes ein paar Bücherkisten. In ihren Büchern labten sich viele Bücherwürmer. Man war beim Aufräumen und Saubermachen und so wollte man die Bücherkisten, sie waren ja vom Sturm mitgenommen, entsorgen. Den Bücherwürmern wurde es Angst und Bange. So wanden sie sich an alle mächtigen neuen Offiziere auf dem Schiff Chemnitz: "Bitte lasst uns unsere Bücher, lasst uns nicht verhungern!" Aber diese sahen keine Möglichkeit - außer weg damit! Doch in der SLH hatte man noch etwas Platz, räumte etwas um und mit des Mutterschiffs "DRK" Hilfe entstand ein weiteres Beiboot. Die Besatzung dieses Bootes fütterte nicht nur die Bücherwürmer weiter, sondern machte die Nahrung vielseitiger. Natürlich mussten auch hier viele Trümmer weggeräumt und Aufbauarbeiten getan werden. Dann stand es - das "Soziokulturelles Zentrum Siegmar".
Langsam kam es in Fahrt und ein reges Leben entwickelte sich. Zwischen den Büchern wurden für Kinder Märchenstunden, für ältere Semester Schriftstellerlesungen gestaltet. Ausstellungen von Künstlern und solchen, die es werden wollten, fanden und finden statt. Ebenso Feste und Wanderungen in die Geschichte wurden nun durchgeführt. Auch Computerfreaks finden hier ihren Platz. Jugendlichen, die aus der Balance geraten waren, bietet man Hilfe zur Selbsthilfe an. Natürlich mit unterschiedlichem Erfolg. So geschieht vieles, was für alle, die es wollen, sinnvolle Gestaltung ihrer Freizeit sein kann.
Weiter nördlich fand sich später noch ein verlassenes Hausboot. Es war schon sehr alt - 90 Jahre - entsprechend war sein Zustand. Vieles hatte es schon erlebt. Seine neuen Besitzer sahen keine Alternative als es abzuwracken. Aber da waren ja noch so viele, die keinen trockenen Platz gefunden hatten. Also nahm die SLH auch dieses Schiff im Schlepp. Nun wurde auch hier gehämmert, gezimmert, geputzt und gepinselt. So entstand mit Hilfe vieler Helfer ein duftes, schmuckes Hausboot. Zum Erstaunen und zum Nutzen seiner eigentlichen Eigentümer war hier ein vielseitig genutztes Kleinod entstanden. Es hat sie so gut wie nichts gekostet, ja sogar die Abrisskosten gespart.
Nun strömten hier alle möglichen Passagiere hinein. Zum Basteln, Handarbeiten fertigen, zum Turnen, Zeichnen, Lesen, wie in den beiden anderen auch. Aber eine Besonderheit hat es noch, es ist besonders für Behinderte und Blinde geeignet und für sie gibt es den Duft- und Tastgarten und die Baumbibliothek.
So schwimmen die Boote durch Wellen der Marktwirtschaft. Mit wechselnden Mannschaften, viele sind gekommen und mussten wieder gehen, kaum dass sie wussten, was ihre Aufgabe ist. Viele der Passagiere sind uns treu, helfen sich und uns bei der Umschiffung der Klippen und Untiefen und der gefräßigen Haie und anderen Raubzeuges. Und so hoffen wir, dass unsere kleine Flotte allzeit eine Handbreit Wasser unter dem Kiel hat. Bei Ebbe und Flut. Bei Sturm und Flaute. Und wir hoffen, dass all die, welche uns bei der bisherigen Fahrt geholfen haben, die unser Navigieren ermöglichten, halfen Wassereinbrüche und auf Grund laufen sowie Zerschellen an den Klippen zu vermeiden, weiterhin unterstützen. Wir haben Keine und Keinen vergessen und danken ihnen hiermit.

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